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60 Jahre alter Schweizer zahlt Bitcoin im Darknet für den Auftragsmord an seiner Ehefrau


«Hi can you confirm, that you can do the job in the next 5 weeks»: Ein Schweizer bezahlt im Darknet Bitcoin für Auftragsmord an seiner Ehefrau

VIDEO: 63 Jähriger Mann aus Stuttgart soll Auftragsmord im Darknet gegen Bitcoins veranlasst haben! #News
Dennis Koenig

Aus Hass auf seine Ehefrau suchte ein Firmeninhaber auf der Darknet-Site «internet killers» einen Auftragsmörder. Vor Gericht nennt er seine Tat einen «Blödsinn».

Der Beschuldigte wünscht sich, dass er die Strafe in Halbgefangenschaft absitzen darf.

«A car accident or a robbery go wrong is ok» – «ein Autounfall oder ein misslungener Raub ist o. k.», schrieb der 60-jährige Schweizer in einem Chat auf der Darknet-Site «internet killers» zur Art und Weise, wie seine Bestellung ausgeführt werden sollte. Er hatte sich unter dem Benutzernamen «Nordwand» eingeloggt. Zwischen dem 10. Oktober und dem 1. Dezember 2020 war er der Meinung, dort mit Auftragsmördern zu kommunizieren.

Der vorsitzende Richter des Bezirksgerichts Uster wird bei der Urteilsbegründung sagen: «Die Anklage liest sich wie das Drehbuch zu einem Film, war aber bittere Realität.»

Der Beschuldigte beschreibt im Gerichtssaal den Zustand, in dem er sich befand, als er damals mit den vermeintlichen Mördern chattete: «Ich hatte zwei Monate lang Dünnschiss, Magenweh und Kopfschmerzen.»

Nicht die Polizei kam ihm schliesslich auf die Spur, sondern eine Recherche von Journalisten der BBC führte zu ihm. Auch andere Leute hatten die Darknet-Site «internet killers» weltweit benützt. Auftragsmorde wurden darüber allerdings keine abgewickelt. Es handelte sich um eine Betrugsmasche, um den Benützern Bitcoin aus der Tasche zu ziehen.

Im Prozess am Bezirksgericht Uster geht es um die Höchststrafe, die in einem sogenannten abgekürzten Verfahren – einem Deal zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung – überhaupt möglich ist: fünf Jahre Freiheitsstrafe. Der Beschuldigte ist vollumfänglich geständig und steht wegen einer untauglichen versuchten Anstiftung zu einem Mord vor den Schranken.

Link zur Facebook-Seite des Opfers

Laut Anklage habe er «aus Hass auf seine Ehefrau» im Internet Auftragsmörder gesucht und «vermeintlich auch gefunden». Es sind mehrere Chatverläufe dokumentiert: «Hi can you confirm, that you can do the job in the next 5 weeks», schrieb der Beschuldigte am 10. Oktober. In einer Antwort wurde ihm mitgeteilt, er solle Bitcoin in einem Wallet bereitstellen, dann würden sie den Job vorbereiten.

Später wurde der Beschuldigte immer wieder aufgefordert, mehr Bitcoin einzuzahlen, was er auch mehrfach tat. Er schickte auch ein Foto seiner Ehefrau, ihre Adresse, die Marke und den Typ ihres Autos samt Autokennzeichen und einen Link zu ihrem Facebook-Profil.

Später wurde ihm dann mitgeteilt, dass zwei «hitmen» nacheinander beim Job gescheitert seien. Man könne dem Beschuldigten entweder einen «full refund» senden oder einen neuen, «better skilled hitman» anheuern, dafür müsse er aber mehr Geld einzahlen. «He can do the job in 2–3 days, however he is in the 50k price range.»

Bis am 1. Dezember hatte der Beschuldigte insgesamt 33 000 Dollar in Bitcoin eingezahlt. Laut der Anklage handelte er in der Absicht, «durch die Beseitigung seiner Ehefrau seine finanziellen Probleme zu lösen».

Vor Bezirksgericht Uster wird der 60-Jährige, der inzwischen geschieden ist, nochmals ausführlich zu seinen Motiven befragt. Er sass von Dezember 2020 bis Mai 2021 in Untersuchungshaft und befindet sich seither – zu Beginn mit Kontakt- und Rayonverboten – wieder auf freiem Fuss. Kontakt zur Ex-Frau habe er keinen mehr, sagt er.

Er leide unter gravierenden psychischen Problemen, weil er sich seine Tat heute selber nicht erklären könne. Er bereue sie extrem. Er habe sich damals in einer schwierigen finanziellen Situation befunden. Seine Ehefrau habe ihm kommentarlos ein Eheschutzbegehren in den Briefkasten gelegt, und er sei mit Forderungen aus der güterrechtlichen Auseinandersetzung konfrontiert gewesen, die für ihn ruinös gewesen seien.

Zudem habe er seiner Stieftochter noch einen Erbvorbezug von 200 000 Franken für eine «hirnrissige» Wohnung ausbezahlt. Durch die Corona-Pandemie seien plötzlich die Aufträge für sein Geschäft ausgeblieben, erzählt der Firmeninhaber. Zusätzlich sei seine neue Lebenspartnerin an Krebs erkrankt, und er habe 15 000 Franken im Monat für Medikamente ausgeben müssen, welche die Krankenkasse nicht übernommen habe.

«Da bin ich zu dem Schluss gekommen, dass ich das Geld lieber für das Krebsleiden meiner neuen Partnerin investiere als für meine Ehefrau», sagt der 60-Jährige. Das sehe er heute aber als «Blödsinn».

«Fokussierte Zielgerichtetheit»

Der Beschuldigte wurde psychiatrisch begutachtet, und es wurde eine leicht verminderte Schuldfähigkeit festgestellt. Eine Diagnose wird im kurzen Gerichtsverfahren aber nicht ausformuliert. Die Tat sei auf eine vom Psychiater festgestellte «fokussierte Zielgerichtetheit» zurückzuführen, erwähnt der Beschuldigte selber. Gross überlegt habe er damals nicht. Er habe einfach nur eine Problemlösung gesehen. Zuvor habe er 60 Jahre nichts mit der Polizei zu tun gehabt, «nada!», betont er.

Der vorsitzende Richter fasst die Gründe für die Tat noch einmal zusammen: den Hass auf die Ehefrau, die hohe Summe des Erbvorbezugs, angeblich «überrissene» Forderungen aus dem Eheschutzbegehren, die teuren Medikamente für seine neue Partnerin und den Ausbruch der Corona-Pandemie mit Auftragsproblemen für seine Firma.

«Es hat sich zusammenkumuliert», erklärt der derweil Beschuldigte. «Das ist aber doch kein Grund, um sich als Herr über Leben und Tod der Ehefrau aufzuführen», wendet der Gerichtsvorsitzende ein.

«Das war mir schon fünf Minuten nach meiner Verhaftung auch klar», sagt der 60-Jährige. Er hätte es aber auch von sich aus gestoppt, wenn die «internet killers» noch mehr Geld verlangt hätten, beteuert er. Zudem sei er sich sicher, er wäre zwei Wochen nach Tatausführung zur Polizei gegangen und hätte gesagt «ich bin es gewesen». Denn er hätte damit nicht leben können. Und das mit den teuren Krebsmedikamenten habe sich auch erledigt. Seine Partnerin sei inzwischen gestorben.

Ein Auftragsmord sei ja besonders heimtückisch, sagt der Gerichtsvorsitzende. Der Beschuldigte, der früher Offizier in der Schweizer Armee war, meint, er hätte ja 15 Waffen daheim gehabt, um es selber zu machen. Bei einer Hausdurchsuchung wurden bei ihm 1 Uzi-Maschinenpistole und 14 weitere Schusswaffen sichergestellt.

Bei einem Autounfall hätten ja auch Drittpersonen ums Leben kommen können, sagt der Gerichtsvorsitzende. – «So hatte ich es mir nicht ausgemalt und gedacht», lautet die Antwort.

Der Beschuldigte wünscht sich, dass er die Strafe in Halbgefangenschaft absitzen darf, damit er tagsüber arbeiten und alle finanziellen Forderungen begleichen könne, dass er eine Chance bekomme, «die Sache ins Reine und ins Grüne zu bringen». Die Firma laufe wieder gut.

Wenn er ins Gefängnis müsse, sei das Unternehmen gefährdet, und er könnte die Forderungen seiner Ex-Frau gar nicht bezahlen. Damit sei ja niemandem gedient. Er müsse in den nächsten fünf Jahren eine Million Franken abzahlen.

Seine Ex-Frau hat eine Desinteresse-Erklärung an seiner Strafverfolgung abgegeben.

«Krass egoistisch, heimtückisch und kaltblütig»

Das Bezirksgericht Uster erhebt den Vorschlag der Staatsanwältin zum Urteil. Der 60-Jährige wird mit einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren wegen eines untauglichen Versuchs der Anstiftung zu Mord verurteilt. Zudem gibt es für die illegale Uzi-Maschinenpistole eine bedingte Geldstrafe von 20 Tagessätzen à 150 Franken und 600 Franken Busse wegen Widerhandlung gegen das Waffengesetz.

Die sichergestellten Schusswaffen sind vorzeitig verwertet worden, und der Erlös von 6000 Franken wird für die Verfahrenskosten verwendet. Diese belaufen sich auf 34 000 Franken und gehen zulasten des Beschuldigten.

Der vorsitzende Richter erklärt, der Beschuldigte habe krass egoistisch, heimtückisch und kaltblütig gehandelt. Das Gericht empfinde die Sanktion als angemessen. Fünf Jahre könne man allerdings nicht in Halbgefangenschaft absitzen. Wie die Strafe umgesetzt werde, sei aber sowieso nicht Sache des Gerichts, sondern des Amtes für Justizvollzug.

Urteil DH230006 vom 25. 5. 2023, abgekürztes Verfahren.

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Author: Edward Gomez

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